Wissenswertes

Warum ist Kondensat in Dampfkreisläufen vielfach sauer und warum schäumt der Dampfkessel?

Um diesen Sachverhalt zu verstehen, ein kleiner Ausblick in die Wasserchemie:
Im unenthärteten Wasser ist üblicherweise gelöster Kalk (chemisch: Calciumhydrogencarbonat). Bei einer Erwärmung von über 60°C zerfällt das Calciumhydrogencarbonat in Calciumcarbonat und Kohlensäure. Die Kohlensäure steigt in Form von Bläschen auf. Das Calciumcarbonat (bekannt als Kalkstein) setzt sich auf den Heizflächen ab und führt zu einer Kesselsteinbildung.
Um dieser Kesselsteinbildung entgegen zu wirken, wird das Wasser enthärtet.


Als erstes betrachten wir in vereinfachter Form die Vorgänge bei einer normalen Wasserenthärtung, kochsalzregeneriert:
Bei einer kochsalzregenerierten Enthärtungsanlage werden die vorhandenen Calciumionen gegen Natriumionen ausgetauscht, d.h., das Calciumhydrogencarbonat wird in Natriumhydrogencarbonat verwandelt.
Beim Aufkochen im Speisewasserbehälter bzw. Entgaser zerfällt das Natriumhydrogencarbonat in Natriumcarbonat, Kohlendioxid und Wasser. Das Natriumcarbonat ist wasserlöslich; das Kohlendioxid wird normalerweise im Entgaser über Dach entgast, wie auch die dem Wasser anhaftenden Restgase.
Nicht entgast wird die chemisch gebundene Kohlensäure des Natriumcarbonates.
Im Dampfkessel erfolgt bei höheren Temperaturen ein Zerfall des Natriumcarbonates in Kohlendioxid, Wasser und Natronlauge.
Die Natronlauge reichert sich dicht unter der Oberfläche des Dampfkessels an und muss abgesalzt werden, da sonst bei starker Eindickung ein Schäumen des Wassers im Dampfkessel auftritt.
Das Kohlendioxid ist dampfflüchtig und führt bei der Kondensation des Dampfes zu einer Bildung von Kohlensäure verbunden mit einer starken PH-Wert-Absenkung des Kondensates und zu den bekannten Korrosionserscheinungen im Kondensatkreislauf.
Die Kohlensäure des Kondensates wird dann üblicherweise im Entgaser aus dem System ausgeschieden.
Da jeder Kondensatkreislauf in der Regel Wasser verliert – Nachverdampfung u.ä. -, muss laufend Frischwasser dem Kesselspeisewasser zugeführt werden. Es erfolgt dadurch ein laufender Kohlensäureeintrag in den Dampf- Kondensatkreislauf wie vor beschrieben.
Zur Verminderung der oben genannten Probleme wird den Wasserenthärtungsanlagen eine Entcarbonisierung vorgeschaltet. Diese Entcarbonisierung wird mit Salzsäure regeneriert. Bei diesem Verfahren werden in der ersten Stufe dem Calciumhydrogencarbonat die Calciumionen weitgehend entzogen und durch H-Ionen ersetzt.
Es stellt sich infolge der freiwerdenden Kohlensäure ein relativ niedriger PH-Wert ein. Wenn diese Kohlensäure an diesem Punkt nicht auf mechanischem Wege aus dem System entfernt wird, bindet sich ein mehr oder minder großer Teil der Kohlensäure in dem nachfolgenden kochsalzregenerierten Ionenaustauscher an die Natriumionen. Es entsteht Natriumcarbonat.
Es führt aufgrund der oben geschilderten Vorgänge zu einer Sodaspaltung und Freisetzung von Kohlendioxid bzw. Kohlensäure und Natronlauge.
Bei entsprechender Auslegung der Anlage sollte nach der Entcarbonisierung ein Kohlensäureriesler eingesetzt werden, der die im Wasser befindliche Kohlensäure durch Belüftung des Wassers entfernt, bevor das Wasser in den kochsalzregenerierten Ionenaustauscher strömt.
Es besteht die Möglichkeit, bei einer einfachen Enthärtung oder bei einer Entcarbonisierung mit nachfolgender Enthärtung, die Kohlensäure durch chemische Zusätze zu binden. Es ist zu prüfen, ob der Dampf dann noch mit Produkten in Berührung kommen darf.
Bei einer Umkehr-Osmose-Anlage werden bei richtiger Auslegung alle Salze aus dem Wasser entfernt. Die Freisetzung von Kohlensäure ist dann sehr gering.

© Dipl.-Ing. Herbert Penke im August 2009

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